Der heilige Gral oder: Was ein Appstore Feature bringt. [Gastartikel]9 min read

Apple 3. Dezember 2012 7 min read
App Entwicklung

author:

Der heilige Gral oder: Was ein Appstore Feature bringt. [Gastartikel]9 min read

Reading Time: 7 minutesApp Entwicklung

Das beste Marketing für seine App ist immer noch ein offizielles Feature von Apple selbst – doch wie kommt es dazu, wie läuft es ab und welchen Nutzen hat das Ganze?

Um diese Fragen zu klären und damit man sich optimal auf diesen Prozess vorbereiten kann, wollen wir euch an unseren Erfahrungen mit unserer App: Mathe für Studenten – Massmatics teilhaben lassen. Der Beitrag ist gleichzeitig eine Einführung in die App Store Welt mit vielen weiteren verlinkten Quellen, die einige Kenngrößen aus dem „Universum iOS Store“ erläutern.

Inhaltsübersicht

Das Setting

Das Konzept der App ist schnell umrissen und deutet sich vom Namen her schon an: Mathe für Studenten – MassMatics ist eine Mathelern-App, gerade für Studenten die Mathematik oder Statistik im Nebenfach haben – also fast Allen. Sie wird von drei Studenten der Mathematik und Informatik programmiert, gepflegt und mit Inhalten gefüllt (Mehr unter www.massmatics.de).

Ein paar Eckdaten:

  • Bis jetzt gibt es eine deutschsprachige iPhone Version, Android und iPad werden 2013 folgen.
  • Eingeordnet in der Kategorie Bildung (ungefähr 10% Marktanteil an den Gesamtdownloads nach: 148Apps.biz (US Store)).
  • Die App ist kostenlos mit einem freien Angebot von 225 Aufgaben zum Ausprobieren und zur Zeit 960 kostenpflichtigen Aufgaben (aufgeteilt in 13 Pakete als In-App Purchases von 0,89 Euro bis 3,59 Euro). Wie wir gleich noch beschreiben, sind In-App Purchases auch „Feature-begünstigend“.

Wer noch mehr wissen will: Einen Bericht über den Prozess der App-Erstellung haben wir hier bei apfelquak.de geschrieben.

Unser Weg zum Feature

Sucht man bei Google nach Möglichkeiten, um ein App-Feature zu ergattern, findet man mittlerweile über 500 Millionen Ergebnisse – es ist wohl selten so viel über etwas so Unkalkulierbares geschrieben worden, Pseudoformeln (Mit Größen wie: Presentation, Uniqueness, Time of Release usw.) gibt es ebenfalls schon dafür. Wir würden den allgemeinen Prozess eher so wie maniacdev.com beschreiben:

I would say that it is 90% luck, 9% presentation, and 1% the other stuff,…

Warum man also ein Feature bekommt, kann zuerst einmal nicht 100%ig bestimmt werden. Bei uns war es (im Nachhinein) eine Aneinanderreihung zweier Umstände:

  • Am 2. August releasten wir ein Update unserer App (Version 1.0.1).
  • Am 5. August verlinkte der iPhoneticker auf unseren Artikel von Apfelquak, was uns kurzfristig jede Menge Downloads (496 am Tag) bescherte und Platz 5 in der Kategorie Bildung (beliebteste Apps).
  • Dieser Spontananstieg zusammen mit der neuen Version einige Tage vorher wird mit ziemlicher Sicherheit getrackt. Bekannt + Neu = Featuremöglichkeit.

Zwei Tage später hatten wir dann die E-Mail von Apple im Postfach – doch dazu hier mehr.

Auch ohne es mit kompletter Sicherheit sagen zu können, sind aus unserer Sicht folgende Punkte die Wichtigsten, um bei der Auswahl von Apple berücksichtigt zu werden:

  • Beachte die Apple Appstore Marketing Guidelines und mach deine App hübsch und funktional (siehe auch die Human Interface Guidelines von Apple).
  • Achte auf den Zeitraum für den Launch bzw. das Update (Sind Ferien? Weihnachtszeit? – diese Zeiträume sind umkämpft) und probiere in diese Zeit erhöhte Downloadzahlen zu erzeugen. (wenn das immer so einfach wär…).
  • Die Chancen, mit einer Universal-App gefeatured zu werden sind höher als bei einer einzelnen App-Version.
  • Letztlich wird Apple sich die Arbeit mit dem Feature vor allem dann machen, wenn auch sie etwas davon haben, von daher vermuten wir mal, dass auch kostenpflichtige Apps, In-App Purchases oder Freemium Modelle von Vorteil sind: Nur ganz bedeutende Apps (facebook, skype, dropbox) werden angepriesen, obwohl sie komplett gratis sind.

Der Rest liegt nicht wirklich in der eigenen Hand, von daher macht es kaum Sinn, sich darüber Gedanken zu machen (Natürlich, App Reviews auf techcrunch.com sind fast wie ein 6er im Lotto – nur eben genauso schwer zu bekommen).

Kontakt mit Apple

Apples geheime App Store Marketing Abteilung ist sich ihres Statuses durchaus bewusst. Der erste Teil der gesendeten E-Mail liest sich daher kurz und knackig:

Hello MassMatics UG,

My name is ………………, and I am writing on behalf of the App Store Marketing Team to request art assets for a potential upcoming promotional opportunity on the App Store.

The team here is excited about Mathe für Studenten – MassMatics; however, want to be clear that we cannot make any guarantees about promotion on the App Store. These art assets are necessary for our Design team to have on-hand should App Store featuring for your app be selected by our staff.

 

For consideration, we would need to receive your artwork no later than 5pm PT on Thursday, August 9th.

Im weiteren Teil der E-Mail gab es genauere Informationen, welche Graphiken (LogoHD, Company Logo, großes Artwork, Titelbild) sie von uns benötigen, inklusive zwei Photoshop-Vorlagen (die allerdings nicht wirklich selbsterklärend waren).

Zur Einordnung: Wir hatten die E-Mail am 7. August um 20 Uhr erhalten. Das macht knapp über 48 Stunden Zeit, um die vier Artworks zu liefern – zum Glück war unser Designer gerade verfügbar, ansonsten hätten wir diese Chance wohl verstreichen lassen müssen oder wären mit qualitativ schlechteren Graphiken angetreten.

Die fertigen Graphiken mussten im dann *.psd Format (Apple legt gern auch noch mal selbst Hand an und verändert das Material), nach Apples Richtlinien benannt, noch zurückgeschickt werden.

Wer sich mehr Kommunikation erhofft hatte, den müssen wir enttäuschen: Das war’s. Keine Empfangsbestätigung, keine Information ob man gefeatured wird, nichts. So schnell wie sie kommen, gehen sie dann auch wieder. :)

Benötigte Graphiken

Die schlechte Nachricht zuerst – Apple arbeitet ja immer wieder am Store Design und mit jeder Änderung wurden meist auch die Maße der Bilder angepasst. Da mit iOS6 der Store wieder angepasst wurde, bringt es also nicht viel euch unsere damaligen Maße zu nennen. (Wen es interessiert: unsere Hauptgrafik sah so aus.)

Im Developer Guide gibt es etwas weiter unten ein paar Anmerkungen zu Promotion Artwork – ob die dort angegebenen Maße allerdings noch gültig sind können wir nur vermuten. Besser ihr orientiert euch an der Vorgabe durch Apple in der Mail.

Vorbereiten kann man sich natürlich dennoch schon vorher:

  • Produziert Artwork, möglichst auf freien Ebenen um diese schnell neu arrangieren zu können.
  • Macht euch Gedanken über Schriftart und Formatierung, die ihr für Headlines nutzen würdet.
  • Denkt euch schon mal vorher knackige Punchlines aus – in 48 Stunden etwas Griffiges zu finden ist manchmal schwieriger als gedacht.
  • Haltet euer App-Logo/Company Logo (transparent und mit Hintergrund) am besten als Vektorgraphik bereit, das spart Zeit beim Zuschneiden/Vorbereiten. (Unser Company Logo mussten wir Apple z.B. mit 200dpi zuschicken, das Applogo in 1024px x 1024px).

Ablauf und Downloadzahlen

Auch wenn keine Antwortmail von Apple kam, konnten wir uns schon ab 20 Uhr am 9. August freuen – unser Logo fand sich in der Liste von Neu und Beachtenswert. Dabei waren wir zu diesem Zeitpunkt die einzige Bildungs-App. Drei Stunden nach Abgabefrist für das Feature – Apple hat das also relativ zügig in die Wege geleitet (Andere Quellen berichten aber auch von Wartezeiten von ein bis zwei Tagen). Zu einem großen App-Feature (Durchlauf im großen Banner oben im Store) hatte es nicht gereicht, d.h. die Erstellung der beiden großen Graphiken war erstmal nicht mehr als ein Stresstest. :)

Von nun an waren wir exakt eine Woche in der Liste. Da Zahlen aus dem deutschen App Store nicht so verbreitet sind, hier einmal unsere Daten um ein Gefühl für diese Werte zu bekommen:

Saeulendiagramm

In der Kategorie Bildung sind solche Downloadzahlen eher selten: Nach 2 Tagen waren wir dort für die gesamte Woche auf Platz 1. Insgesamt kann damit gerechnet werden, dass man hier mit ca. 600-800 kostenlosen Downloads am Tag definitiv unter den Top 5 ankommt.

Im Gesamtranking kommt man dagegen mit diesen Downloadzahlen nicht ganz so weit nach oben, wie die Grafik zeigt. Die Spitzenposition war hier für wenige Stunden mal der 48. Platz (die Werte im Diagramm sind immer gegen 19/20 Uhr erhoben wurden). Wie viele Downloads man braucht um dorthin zu kommen sind für den deutschsprachigen Raum schwer zu finden. Für den amerikanischen App Store gelten ungefähr diese Daten zur Orientierung – immerhin gute 38k Downloads am Tag um konstant unter den Top 25 zu landen.

Natürlich ist auch bei den Platzierungen nicht ganz klar, wie Apple hier rechnet und mit der gerade vollzogenen Umstellung auf den Chomp-Algorithmus mit iOS6 wird das wohl auch erstmal so bleiben. Wer sich also wundert, warum wir am 12.08. trotz der meisten Downloads nicht auch die höchste Platzierung eingefahren haben: Es wird daran liegen, dass Apple die Werte vergangener Tage mit einbezieht. Ebenso möglich ist die Begründung, dass es am Sonntag generell mehr Downloads gibt und man deshalb im Vergleich mit anderen nicht unbedingt besser abschneidet – man kann sich auch noch mehr Gründe überlegen und wahrscheinlich wird es von allem ein bisschen sein.

Vergleicht man die normalen anfänglichen Downloadzahlen (50-100 die Woche) mit den über 15k Downloads (über 2700 am Sonntag!) aus dieser einen Woche, muss man neidlos anerkennen: Was besseres als ein App-Feature kann einem nicht passieren – auch im Bezug auf das ganze positive Rauschen drumherum.

Allerdings sind bei den vielen Downloads auch etliche „Probierdownloads“ dabei – es gibt eine nicht unerhebliche Zahl an Usern, die einfach alles runterladen um mal zu schauen. Daher sank auch unsere Conversion Rate in diesem Zeitraum von 17 auf 2 Prozent. In Anbetracht der absoluten Zahlen bedeutet das aber dennoch einen guten Schub auch auf der Umsatzseite.

Die Auswirkungen

Nach dem Feature kommt es meistens wie gedacht: Die Downloadzahlen und die App Store Position sinken rapide ab, die Platzierung in der Kategorie zwar deutlich langsamer, aber dennoch bergab. Dank des starken Konkurrenzkampfes bedeutet das für die meisten Spiele Apps das Ende (einen großartigen Artikel zum Thema iOS Spiele und die vielen Mythen dazu kann man hier lesen)

Um es gleich vorweg zu nehmen: Auch wir müssen nach dem Feature noch arbeiten. (Mathe verkauft sich – Ãœberraschung – einfach schlechter als Spiele). Dennoch gab es zwei sehr positive Nebeneffekte:

  • Im Zuge des Features entstanden zahlreiche Artikel/Reviews auf externen Seiten und Blogs (unter anderem chip.de, die anscheinend für die meisten Neu und Beachtenswert Apps einen Artikel verfassen) – unser Pagerank stieg von 1 auf 3.
  • In diesem Zusammenhang haben sich die Downloadzahlen nach dem Feature deutlich erhöht und stabilisiert. Von 50-100 die Woche auf 300-400 pro Woche auch jetzt nach 3 Monaten.

Keine großen Veränderungen konnten wir bei den Reviews und den facebook-likes ausmachen – diese Mechanismen klappen wohl eher bei einem noch größeren kostenlosen Angebot.

Fazit

Wie ihr an unserem Beispiel seht, ist so ein Feature (je nach Kategorie eurer App) das Beste was euch passieren kann. Bei Spielen werden damit schon oft die Entwicklungslosten gedeckt, bei Apps mit einem längerfristigen Nutzen ergeben sich eher Vorteile im Bekanntheitsgrad und der täglichen Anzahl an Downloads.

Des Weiteren sollte man sich nicht darauf verlassen, jemals gefeatured zu werden – aber eine Vorbereitung ist auf jeden Fall ein Vorteil!

Was für Erfahrungen habt ihr schon mit Features von Apple gemacht? Auf interessante Quellen zum Thema oder Kritik an unserer App würden wir uns in den Kommentaren sehr freuen!

Stephan ist schon über 10 Jahre im Bereich Webdesign und -Entwicklung tätig und beschäftigt sich im Zuge der selbstkonzipierten App (www.massmatics.de) seit über 2 Jahren verstärkt mit Responsive Design, Mathe im Netz und dem Markt für mobile Geräte und Apps.