Locationgate ist nun auch in der Schweiz angekommen4 min read

iPhone 26. April 2011 3 min read

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Locationgate ist nun auch in der Schweiz angekommen4 min read

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Sammelklage in Amerika
Das kleine „Locationgate“-Drama um die erfassten Geo-Location-Daten vom iPhone 4 hat nun die Schweiz erreicht. Während sich in Amerika bereits Politiker versucht haben sich zu profilieren in dem man offene Briefe an Apple schrieb, gibt es nun auch schon die ersten Sammelklagen im Land der Freiheit. Ok, es sind nur zwei Käufer und auch das eingeklagte Geld (Rückerstattung des Kaufpreises) hält sich in Grenzen, wie NZZ weiss:

Zwei Kunden haben vor einem Gericht in Tampa (US-Staat Florida) eine Sammelklage eingereicht. Laut der Klageschrift vom 22. April fordern sie, dass Apple die Sammlung von Ortungsdaten beendet. Zudem verlangen sie eine Rückerstattung des Kaufpreises, weil sie in Kenntnis der Datenspeicherung die Produkte nicht gekauft hätten. Apple äusserte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorgang.

Von mir aus gesehen hätte die Klage gar nicht vor Gericht gehen dürfen. Wie wir wissen, verlangen die Amerikaner das immer alles deklariert wird. Nicht von ungefähr kommt der Hinweis in der Bedienungsanleitung der Mikrowellen, dass man Tiere nicht in das Gerät zum trocknen stecken soll… Inzwischen sind wir soweit, dass jedes Pixel eines Gerätes in AGB und Datenschutzbestimmungen festgehalten ist. So auch folgender Abschnitt in den AGB des iPhone:

Darüber hinaus kann Apple präzise Standortdaten erheben, nutzen und weitergeben, einschließlich des geographischen Standorts Ihres Apple-Computers oder Geräts in Echtzeit.

Ja, so steht das in den AGB, welchen jeder Benutzer eines iPhones zustimmen muss, ansonsten kann man das Apple Smartphone gar nicht benutzen! Es kann also niemand behaupten, dass man nicht informiert gewesen sein sollte, wie im Beispiel der Sammelklage der beiden Kunden oben. Natürlich kann man jetzt sagen das Apple die Kunden in Geiselhaft nahm. Nach dem Kauf erst hatte man die AGB vor Augen und musste diesen Quasi zustimmen. Sofern man den rund 117 iPhone-Seiten durchgeblättert hat. Mag sein. Aber bei Apple Geräten kann man diese ohne Angaben anstandslos innert 30 14 Tagen zurück geben. In 30 Tagen sollte man die AGB gelesen haben. Also wo liegt genau das Problem…?

In Deutschland hat man es schon einmal vergessen
Auch in Deutschland haben die Datenschützer ein Problem mit den gespeicherten Daten… Schon wieder! Denn bereits im Sommer 2010 hat man sich an genau dieser Passage in den AGB gestört. Allerdings wohl nicht genug lange, denn bis letzte Woche ging das anscheinend in Vergessenheit… Irgendwie peinlich oder?

Und jetzt kommen die Schweizer…
So, und nun nach einem Jahr und ein bisschen Wirbel in Amerika haben auch die Schweizer Datenschützer in Bern entdeckt, dass man da noch etwas Medienaufmerksamkeit holen könnte. Nachdem unser Datenschützer Thür bereits Google Street View ausgebremst hat, sieht nun Francis Meier, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür, seine Chance dem anderen IT-Giganten eins auszuwischen.

Nur, Apple hat, wie es scheint, schon immer kommuniziert das man Daten sammelt und auch schon immer gesagt, dass die Daten anonymisiert gesammelt werden. Lediglich auf dem iPhone selber sind die Daten offensichtlich einsehbar. Hier gibt es tatsächlich potential für Apple nachzubessern. Und übrigens, wie man bei TN3 richtig erkannt hat, sollte man Zugriff auf die Location-Datenbank eines iPhone 4 haben, dann sind die Daten sehr ungenau und der Aufenthaltsort kann je nach belieben interpretiert werden.

Noch spannender ist aber, dass das Android-Smartphone viel, viel weiter geht bei der Spionage. Während Apple nur anonymisierte Daten alle 12 Stunden vom iPhone empfängt, schickt das Android mehrmals pro Stunde die vollen Daten ohne Anonymisierung nach Hause zu Google. Das Fazit von TN3:

Damit kann Google echte Bewegungsprofile konkreter Benutzer erstellen und das nahezu in Echtzeit! Google könnte Dir sagen, Dein Androidphone war vor zwei Stunden in der Innenstadt. Apple könnte Dir erst in zwölf Stunden sagen, irgendein iPhone war um diese Zeit in der Innenstadt. Ich denke, der gravierende Unterschied wird klar.

Mein Fazit
Locationgate wird Apple kaum schaden. Dafür wurde zu viel kommuniziert. Hingegen hat der Konsument sich, wie in den meisten Fällen, zu wenig informiert und muss sich selber an der Nase nehmen. Die Frage wird sein, wie viel Informationen muss ein Unternehmen dem Benutzer auf die Nase binden? Und wie viel Informationen hält ein Konsument pro Gerät aus? Und wer entscheidet welche Informationen nun für den Konsumenten so wichtig sind? Und warum hat noch kein Politiker einen offenen Brief an Google geschrieben in dem man mehr Klarheit zu den offen gesammelten Daten verlangt? Fragen über Fragen…

 

Renato Mitra ist ein leidenschaftlicher Vollblut-Blogger. Apple Experte. MINI Fan. Kommuniziert leidenschaftlich gerne über digitale Kanäle. Ansonsten: Try, fail, think, learn, repeat.