Spotify zankt sich mit Apple Music.5 min read

iPod, iTunes & Music 4. Juli 2016 4 min read
Spotify im Apple App Store

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Spotify zankt sich mit Apple Music.5 min read

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Aktuell zanken sich und der Musik-Streaming-Service halböffentlich über mutmassliche Wettbewerbsverzerrung. Apple dementiert umgehend. Aber der Reihe nach…

Den schwedischen Musikstreaming-Dienst Spotify gibt es seit Ende 2006. Als einer der ersten Anbieter hat Spotify das anhören von DRM geschützter Musik über das Internet angeboten ohne das man die Songs kaufen muss, sondern nur deren Wiedergabe bezahlt. Für eine hohe Nutzung hat Spotify dann eine kostenlose Version angeboten bei welcher der Benutzer nichts bezahlen muss, dafür hin und wieder mit Werbung berieselt wird. Genau hier sehen viele Künstler eine Entwertung der Musik und haben daher ihre Alben und Songs von Spotify abgezogen. Auch der Apple Streaming-Dienst wollte Musiker zuerst unbezahlt lassen bei der dreimonatigen Testphase, wurde dann aber von und den Independent-Labels zum Umdenken gezwungen. Aber eben. Jetzt war Apple Music gekommen um zu bleiben und damit bekommt Spotify einen ernsthaften Mitbewerber. Ernsthaft, weil Apple mit iTunes bereits ein wichtiger Player im Musik-Business ist und mit einem einfachen iOS Update die wohl grösste und zahlungskräftigsten Zielgruppe in der Musik erreichen kann.

Hass-Liebe zwischen Spotify und Apple

Spotify wurde unter anderem auch dank Apple so richtig gross. Es ist kein Geheimnis, dass Apple-Benutzer eher bereit sind für Dienste zu bezahlen. So auch für das Spotify-Musik-Abonnement. Der CEO von Spotify, wie auch Apple selber betonen die tolle Zusammenarbeit, bestätigen 160 Millionen App-Downloads im Apple und das bereits hunderte von Millionen US-Dollar von Apple zu Spotify geflossen seien. Allerdings, nachdem Apple 30% für die Benutzungsgebühr eingestrichen hat, bzw. 15% wenn es ein Dauer-Abonnement ist.

Apple behält 30% des Verkaufserlöses

Apple verlangt für alle App- und In-App-Verkäufe 30% des Erlöses für die Bereitstellung des Dienstes. Darüberhinaus will Apple, dass In-App-Käufe nur über die Apple Zahlungsmöglichkeiten abgehandelt werden können. Fragt man Apple, dann wegen der Sicherheit und dem Benutzererlebnis für die Endkunden.

Angriff auf Spotify zugunsten von Apple Music

Spotify ist hier aber der Meinung, dass es ein Angriff auf Spotify sei und man damit Apple Music stärken will. Denn Spotify kann es sich nicht leisten die 15 bis 30% an Apple abzudrücken. So wälzt man bereits heute den Preisaufschlag auf die Endbenutzer ab. Während ein Spotify Premium Konto auf der Website CHF 12.95 kostet, verlangte man im App Store CHF 16.-. In der neuen App will man nun die Premium-Funktion gar nicht mehr Anbieten und Interessierte auf die Website leiten für den Vertragsabschluss und die Zahlung. So könnte man diese Abgabe an Apple umgehen. Doch genau das ist gemäss Benutzungsbedingungen vom Apple App Store nicht erlaubt. Was auffällt, Spotify weisst seit

Apple argumentiert, dass diese Regel für alle Apps gelte. Aber aus Sicht von Spotify ist es natürlich eine Bevorzugung von Apple Music, denn damit werden die Nutzungsgebühren für Apple Music lediglich von der rechten in die linke Hosentasche gesteckt.

Und was ist mit Google Play?

Auch Google will für die Nutzung des Store Geld bekommen und verlangt, genau wie Apple, 30% des Verkaufserlös. Auch bei In-App Verkäufen wird verlangt, dass man die Zahlungslösung von Google Play verwendet. Eine Zuwiderhandlung kann zur Sperrung der App führen. Bisher ist allerdings unbekannt ob Google hier ein Auge zugedrückt hat, es bei der Prüfung der App einfach unter ging, oder man eigenen Richtlinien unterschiedlich bemisst. Ich frage mich auch, ob die Anwälte von Google ebenfalls besagtes Schreiben bekommen haben oder man schlicht nicht als Konkurrent empfindet…

Wie weiter?

Apple hat Jahre dafür gebraucht um das Wirtschaftssystem rund um iOS aufzubauen. Natürlich ist man daran interessiert den Verkaufskanal App Store gewinnbringend zu nutzen. Spotify hingegen möchte endlich einen Gewinn einfahren. Seit 2008 fährt man Jahr für Jahr Millionenverluste ein und lebt nur von den Investoren. Die Investitionen in die Absatzkanäle über Google Play und Apple App Store scheint man aber ausser Acht gelassen zu haben beim Businessplan. Wenn man also alle Gegebenheiten einhalten möchte, dann dürfte Spotify kostenlos die Apps zum Abspielen über die Stores von Apple und Google anbieten, darin aber nicht auf das Premium-Konto hinweisen, zumindest nicht mit Link. Das Premium-Konto dürfte nur lösen, wer selber die Website aufruft und sich dort registriert. Was natürlich für das Benutzererlebnis unpassend ist und die Endbenutzer eher dazu veranlasst sich bei Google Music oder Apple Music zu registrieren. Oder das Spotify-Premium-Konto kostet über die App direkt 30% mehr, wie bis anhin, als auf der Website.

Kleiner Wermutstropfen, zumindest bei Apple Music bekommen die Künstler ein kleines bisschen mehr Geld ausbezahlt für ihre gespielten Werke als bei Spotify.

Mein Fazit

Ich kann beide Seite gut verstehen. Allerdings hat sich die Welt seit der Gründung von Spotify im Jahr 2006 verändert und das vermeintliche Start-Up tut sich schwer mit den neuen Bedingungen. Wer die jungen, musikalischen Endbenutzer erreichen will, muss diese über das Smartphone erreichen. Den Zugang haben sich Google und Apple untereinander aufgeteilt. Ein bisschen geht noch an Microsoft und vielleicht sogar Amazon. Spotify hat die beiden Gatekeeper unterschätzt und sieht nun die Felle davon schwimmen und versucht es in einem verzweifelten David-Goliath-Akt, schliesslich hat es Taylor Swift damals auch gekonnt (ironischerweise hat Spotify überhaupt nicht auf den Aufruf der Künstlerin reagiert…).

Der Kampf von Spotify gegen den kleineren Mitbewerber mit der grossen Reichweite und dem App-Gatekeeper wird wohl nichts bringen abgesehen von etwas Aufmerksamkeit und einigen loyalen Spotify-Nutzer welche die Abos im Apple App Store kündigen und sich auf der Spotify Website eintragen werden. Spotify wird wohl sehnsüchtig die Zeit abwarten müssen, bis App Stores, egal von welchem Unternehmen, keine wichtige Rolle mehr spielen und alles über Web-Apps zugänglich sein wird.

Renato Mitra ist ein leidenschaftlicher Vollblut-Blogger. Apple Experte. MINI Fan. Kommuniziert leidenschaftlich gerne über digitale Kanäle. Ansonsten: Try, fail, think, learn, repeat.